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Astro City

Astro City In den Fünfziger Jahren sorgte eine Comic-Serie (zuerst als Zeitungs-Strip) durch ihr für die damaligen Verhältnisse ungewöhnliches Konzept für Furore. Die besagte Serie war nach ihrer Hauptfigur THE SPIRIT benannt, einem leidlich maskierten Vigilanten, der wie so viele seiner kostümierten Zeitgenossen mit bloßen Fäusten gegen diverse Finstermänner antrat.

Was diese Serie so sehr von ihren Mitkonkurrenten abhob, war, daß sich die Handlung nicht etwa -wie allgemein üblich - auf den titelgebenden Vigilanten konzentrierte, sondern vielmehr dessen Umfeld. Der SPIRIT war lediglich ein Zugeständnis an einen Markt, der Comics forderte, in denen ein maskierter Verbrechensbekämpfer herumturnte.

Astro City Autor und Zeichner Will Eisner richtete seinen Blickwinkel auf den Durchschnittsbürger, den Kleinkriminellen und all die sozialen Umstände, aus denen Kriminalität und deren Folge-erscheinungen entsteht. Damit gelang es ihm seine Protagonisten weitaus menschlicher und seine Geschichten differenzierter auszuformen und dem Medium Comic einen ersten Hauch von literarischem Anspruch zu verschaffen.

1995 nahm der Comic-Autor Kurt Busiek nun diesen Faden wieder auf und verzwirnte dieses Konzept mit dem nostaligischen Superheldenpathos, den Stan Lee und Jack Kirby entwickelten. Kurt Busiek trat zwei Jahre zuvor mit der Superhelden-Retrospektive MARVELS ins Rampenlicht, was ihn und den Zeichner/Maler Alex Ross in diesem Metier berühmt und vor allem für weitere Projekte begehrt machte. Schon in MARVELS wird die Handlung von einem unscheinbaren Zeitungsfotografen geführt. Die überlebensgroßen buntgewandeten Ikonen der Marvelhistorie sind zwar allgegenwärtig, trotzdem sind deren Eindrücke und Auswirkungen auf den Normalbürger im Zusammenhang mit der jeweiligen zeitpolitischen Periode bestimmendes Thema der Serie. Alex Ross legte mit MARVELS das Fundament für seinen Superstarstatus im Comic-Business, den er mit DC-Projekt KINGDOM COME zementierte.

Victory Kurt Busiek suchte den thematischen Anschluß an MARVELS, wollte aber einen größeren Spielraum, unbelastet von feststehenden Comic-Historien und bereits fest skizzierten Charakteren. Die geeignete Plattform fand er bei IMAGE, einem relativ jungen Verlag, der Anfang der 90er von einer Handvoll Zeichner-Superstars gegründet worden war, mit der Intention völlige künstlerische Kontrolle über die jeweilige Serie und das uneingeschränkte Vermarktungsrecht darüber zu haben.

Da die Serien auch von den Zeichnern getextet wurden, verkamen die meisten von ihnen zu belanglosen Pin-Up-Orgien ohne inhaltliche Substanz oder Originalität. Somit war das Gros der Image-Serien stark graphikorientiert. Mit ASTRO CITY lancierte man bei Image sodann eine Serie, die diesem Trend zuwiderlief. Mit Brent Anderson verpflichtete man einen Zeichner, der sich nicht in überformatigen Splash-Pages ergeht und der kein Interesse daran zeigt durch anatomische Übertreibungen Pseudo-Wichtigkeit in seine Figuren zu interpretieren. Anderson ist solide und vor allem anatomisch korrekt (eine Fähigkeit, die vielen amerikanischen Zeichnern abgeht im Interesse einen unverkennbaren Stil zu entwickeln - leider ergötzt sich dieser Stil eben oftmals in einer geradezu grotesken Anatomie), was für ASTRO CITY enorm wichtig ist. Da sich Busieks Stories meist auf ein zwischenmenschliches Umfeld konzentrieren ist ein authentisch wirkendes Umfeld überaus wichtig und Andersons realistischer Zeichenstrich ist hierfür hervorragend geeignet. Ein enorm wichtiger Verkaufsfaktor (und ein Grund für das Überleben der Serie, in der für einen neuen Titel schwierigen Anlaufzeit, bevor sich ein kaufwilliges Stammpublikum gefunden hat) mag auch gewesen sein, daß man Alex Ross als Titelbild-Maler (und auch als Charakter-Designer) gewinnen konnte.

Astro City Was natürlich den Hauptanreiz für den Leser ASTRO CITY's darstellt sind Kurt Busiek's ungeheuer einfühlsame Stories, die sich ganz in der Tradition Will Eisner's um die Motivationen, Eindrücke und Gedankengänge der jeweils beleuchteten Figur drehen, sei dies nun Superheld, Schurke oder Normalbürger - Busiek läßt die Charaktere lebendig und dreidimensional werden, gibt ihnen Profil und Verve.

Aber auch die bunte Vielfalt der Heldenszene und die akribisch entwickelte Superhelden-Historie von ASTRO CITY belegen, daß Busiek's Herz für das Superhelden-Genre an sich schlägt. Somit können sich sowohl Traditionalisten, als auch Kopfleser an dieser wunderbaren Serie erfreuen.

Jürgen Höreth

Astro City erscheint bei Speed
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